Skip to content Skip to footer

Robby Müller – Interview zum Thema Filmlicht

Robby Müller (1940–2018) war ein niederländischer Kameramann. Er wurde insbesondere durch seine Zusammenarbeit mit den Regisseuren Wim Wenders und Jim Jarmusch bekannt.

Zusammenarbeit mit:

Hans W. Geißendörfer; Wim Wenders; Edgar Reitz; Peter Bogdanovich; Alex Cox; Peter Stein; Peter Lilienthal; Jerry Schatzberg; Barbet Schroeder; Joan Micklin Silver; Paul Bartel; Wiliam Friedkin; Jim Jarmusch; John Schlesinger; Roberto Bengini; Andrzej Wajda; John McNaugthon; Sara Driver.

Wichtige Filme:

Alice in den Städten; Falsche Bewegung; Im Lauf der Zeit; Der amerikanische Freund; Saint Jack; Honeysuckle Rose; In for Treatment; They All Laughed; Der Klassenfeind; Die linkshändige Frau; Die gläserne Zelle; Paris, Texas; To Live and Die in L. A.; Down by Law; II piccolo diavolo; Mystery Train; Barfly; Bis ans Ende der Welt; Korczak; Mad Dog and Glory; When Pigs Fly.

Preise/Auszeichnungen:

Bundesfilmpreis 1975 für Falsche Bewegung; Bundesfilmpreis 1983 für Der Klassenfeind; Deutscher Kamerapreis Köln 1984; Bayerischer Filmpreis für Paris, Texas; Mitglied Jury Filmfestival Cannes 1988; Deutscher Kamerapreis 2005 (Ehrenkameramann).


Lassen Sie uns über Licht sprechen …

Es ist interessant, ich hab’ die Erfahrung gemacht, dass viele Leute verrückt auf Technik sind: Highspeed-Linsen, Highspeed-Film und das Fazit heißt dann oft: „Wir brauchen kein Licht mehr zu setzen, alles kommt von allein drauf.“ Aber das ist zu einfach, es hat nichts mit einer Idee zu tun. Es ist nur der Einsatz der Apparatur. Es kann zwar sehr bestechend sein, weil man so etwas vorher vielleicht noch nie gesehen hat. Aber im Endeffekt muss man doch Licht setzen, man kann das Talent des Kameramannes daran ablesen. Néstor Almendros konnte auch mit wenig Licht arbeiten, aber wie sensibel er es einsetzte, war entscheidend.

Ihre Abneigung gegen das Zoomen ist bekannt. Könnte ein Regisseur Sie soweit bringen, dass Sie einen Zoom einsetzen?

Ja, ich hab’ es auch getan. Das hängt ganz vom Stoff ab. Man muss mich motivieren. Wenn ich mit dem Regisseur gut auskomme und er bespricht mit mir die Farben und den Stil, dann kann er mich natürlich bei bestimmten Stoffen überzeugen: „Hier brauchen wir unbedingt eine Zoomfahrt aus den und den Gründen.“ Aber nicht, wenn wir am Set sind und nicht wissen wie die Lösung sein soll und deswegen schnell zoomen. Dann würde ich protestieren.

Bei Peter Lilienthal Es herrscht Ruhe im Land habe ich fast nur mit dem Zoom gearbeitet, denn der Film sollte eher einen dokumentarischen Charakter bekommen.

Sie haben große, aufwendige Hollywood-Produktionen gemacht und danach den Weg zu kleinen Teams zurückgefunden. Liegt Ihnen dieser Arbeitsstil mehr, dass Sie am Set improvisieren können?

Nein, das hängt total vom Regisseur ab. Billy Friedkin war beispielsweise sehr flexibel, er hatte Geduld und hat mich machen lassen. Aber man ist bei aufwendigen Produktionen natürlich viel mehr an die große Menge Geld und ans Team gebunden.

Man muss eine große Ausleuchtung einsetzen, die für diese Filme nötig ist. Es sind viel mehr Leute in Bewegung zu setzen und man muss auch mehr vorausplanen. Spontane Einfälle sind meistens nicht direkt ausführbar, weil die Technik längere Vorbereitungszeiten braucht. Mit einem kleinen Team denken wir auch voraus, denn wir legen den „Stil“ vorher fest. Aber wir suchen auch noch am Drehort nach Lösungen und sind am Anfang manchmal hilflos. Bei den großen Dingen kann man sich diese Hilflosigkeit nicht erlauben, man kann nicht zu lange suchen, weil das zu viel Geld kostet.

Ist für Sie wichtig, dass Sie selbst drehen?

Es macht mir unwahrscheinlich viel Spaß. Beim Licht denke ich auch an die Kadrierung, an die Bewegung der Darsteller und der Kamera. Für mich ist das sehr schwer übertragbar, wenn ein ganz anderes Individuum an der Kamera sitzt und das nicht dieselben Visionen hat, die ich hatte, als ich das Licht setzte. Es kann dann passieren, dass Dinge im Bild sind, die ich nicht sehen wollte, die nicht richtig beleuchtet sind, weil sie für mich nicht wichtig waren. Auch ist es mir mal passiert, dass der Schwenk für mein Gefühl dort zu ruckartig war, wo ich eine Sanftheit haben wollte. Auch bei einer Fahrt kann man nur die Kadrierung von Anfangs- und Endbild festlegen. Das, was dazwischen passiert, habe ich – wenn ich nicht der Kameramann bin – nicht in der Hand. Wenn plötzlich etwas Unerwartetes geschieht, reagiert eine andere Persönlichkeit wesentlich anders, als ich es tue. Und das sind Dinge, die mich dann stören.

Außerdem finde ich, dass es außerordentlich wenig gute Schwenker gibt. Bis jetzt kenne ich nur einen oder zwei mit denen ich eventuell zusammenarbeiten würde. Der Frau, die Himmel über Berlin geschwenkt hat, würde ich es mit Ruhe überlassen. Früher habe ich arrogant gesagt: „Zeig mir einen der so gut schwenkt wie ich, und ich lasse es ihn machen.“ Ich lege ungeheuer viel Wert darauf, ob etwas gerade sichtbar ist oder nicht sichtbar.

Es gibt ein für mich frappierendes Beispiel aus dem American Scientific, das verdeutlicht, was ich meine: Man wollte wissen, ob die Unterschiede zwischen verschiedenen Musikern messbar sind. Woran liegt es und was ist überhaupt der Unterschied zwischen diesem Geigenspieler und jenem Geigenspieler? Man hat alles gemessen und es stellte sich heraus, dass diejenigen die uns am meisten berühren, die wir „vergöttern“, nicht nur in der Lage waren genau zu spielen, sondern eine viel größere Variation in den Nuancen hatten. Die anderen waren auch gute Musiker, hatten aber viel weniger Nuancen in den Tonstärken gehabt.

Beim Setzen des Lichts und auch bei der Kadrierung achte ich sehr auf diese feinen Unterschiede. Mir ist es total unwichtig, ob es jemandem bewusst auffällt, aber ich weiß, damit komme ich in die Traumwelt des Zuschauers und unter seine Haut. Ich hoffe, dass es die Leute berührt. Harte Gegenlichter, große Kamerabewegungen, extreme Kamerawinkel – an sich virtuos und bestechend – aber für mich manchmal „danebenhauend“ was mein „poetisches“ Gefühl betrifft.

Wenn Sie so etwas einsetzen, muss es inhaltlich gefordert sein?

Ja, aber man wertet diese Dinge unterschiedlich – der eine so und der andere so. Bei einer Straßenschlacht wird der eine Regisseur mit ungeheurem Gegenlicht und viel Power und Farben die Zuschauer in den Stühlen plattschlagen. Der andere Regisseur wählt eine Person und erzählt, wie diese Person die Straßenschlacht, die wir auch sehen, erfährt. Ich kann mich damit mehr identifizieren, als mit einer Szene, in der viel rumgehauen wird.

Also kein Actionfilm?

Ich würde den Actionfilm anders machen.

Was stört Sie am Gegenlicht?

Ach, ich benütze es selbst sehr viel. Nur sehe ich, dass viele Leute das Gegenlicht total unnuanciert benutzen, weil der Effekt des Gegenlichts so hinreißend ist, dass man nicht darüber nachdenkt, Subtilitäten einzubringen. Gerade da kann man es sehr gut machen.

Was könnten das für Subtilitäten sein? Fällt Ihnen spontan etwas ein?

Es geht da um Variationen und Nuancen und um Intensität. Es ist eine Frage der inneren Einstellung, nicht nur starkes Gegenlicht und Rauch. Man bekommt eine ganz andere Bildatmosphäre, nicht eine, die einem alles total um die Ohren schlägt, sondern eine leisere, poetische, die meinen Geschmack besser trifft.

Setzen Sie unterschiedliche Lichtfarben in einem Bild ein?

Ja.

Für welche Aussagen und welchen Zweck? Vielleicht haben Sie ein Beispiel, aus den Wenders- oder Jarmusch-Filmen?

Ach ja, mehr logische Sachen: Tageslicht gemischt mit Kunstlicht. Mir fiel zum Beispiel auf, dass die Amerikaner in Innenräumen oft Mischlicht haben – erzeugt durch nutzlos brennende Lampen – und das habe ich bei den Filmen, die ich in Amerika gedreht habe, reingeschummelt. Man sieht das wirklich oft in Amerika, es ist so ein Umgehen mit Energie, das dich umhaut. Diese Kritik schummle ich manchmal rein und zeige die Lampen, die total nutzlos sind. Man braucht sie nicht als Lichtquelle. Es ist so ein Spleen von mir, aber ich glaube auch, dass ich ein Land und ein Motiv damit charakterisiere.

Setzen Sie es auch als Stilmittel ein, um warm und kalt oder Geborgenheit innerhalb des Hauses zu zeigen?

Ich finde, dass so etwas ganz gefährlich ist, weil man es viel zu oft sieht. Orange vermittelt schon Wärme, Liebe, Geborgenheit. Ich nenne es: „Der Kuss bei Sonnenuntergang gelingt immer!“

Warum soll ich noch mit Licht erzählen, was die Leute sowieso in der Szene spielen müssen? Warum soll ich doppelt gemoppelt arbeiten? Ich überlege mir da den Kontrapunkt. Manchmal, wenn man die Geborgenheit nicht unterstreicht, fällt die Geborgenheit erst auf.

Der Kuss hat von sich aus etwas Geborgenes.

Ja, außer wenn wir schmunzeln und sagen „Jetzt bringen wir es dick“, weil es im Film als witziger Kontrapunkt gebraucht wird. Man hat immer einen Spielraum, ich will auch nicht zu orthodox klingen. Alles ist möglich.

Ein Kritiker sagte mir, der Robby-Müller-Stil hat irgendetwas Unreines. Vielleicht ist es ein Angehen gegen die Sehgewohnheiten?

Ja, und eine Verschiebung. Diese Verschiebung mag im Film aussehen wie ein Unvermögen, manche Leute sagen dann „Na hätte er ja besser machen können“, aber ich habe gerade das gemeint und es bewusst so gemacht. Ich finde es viel schöner, nicht laut zu werden. Am liebsten nehme ich den Zuschauer mit in einen Traum und bring ihn wieder zurück, bevor er überhaupt gemerkt hat, dass er geträumt hat.

Mir fällt gerade in diesem Zusammenhang die Anfangsszene von Down by Law ein. Die tiefe Perspektive der Kamera, aus dem fahrenden Auto heraus, das Vorbeiziehen der Häuserfronten, dann später die explosive Stimmung, die Hitze. In Farbe glaube ich, wäre es ein anderer Film geworden, von der Emotion her wäre es unpassend gewesen.

Ja, total unpassend, wir waren uns darin auch einig. Es war alles da und die Farben wären überflüssige Informationen gewesen für diese Geschichte. Dass der eine Mensch schwarz ist und der andere weiß ist, sieht man auch so. Alles andere lenkt nur ab und kommt zu nahe an Schönfilmerei.

Wenn ich die ersten Aufnahmen da in Farbe gemacht hätte, hätte man farbige Pflanzen gesehen, einen phantastischen blauen Himmel. So haben wir es zeitloser gemacht und den Film zu seiner Essenz zurückgebracht. Sonst hätte man es nur als Touristenfilm konsumiert und gesagt, das ist aber schön. Ist es aber in Schwarz-Weiß, fängt man an zu schauen und nimmt die Dinge anders wahr. Ich weiß nicht, ob der Vergleich passt, aber bestimmte Teesorten schmecken besser ohne Zucker.

Es gibt Kameraleute die den Farbfilm entsättigen, die Farben zurücknehmen, eigentlich lieber einen Schwarz-Weiß-Film drehen würden, aber aus kommerziellen Gründen muss der Film in Farbe gedreht werden.

Das ist für mich „Stil“, aber im negativen Sinn. Es ist ein Manierismus, damit trittst du auf der Stelle. Auch ist es manchmal so, dass sich die Leute auf die Brust klopfen, weil sie ein Farbkonzept haben, und es ist nichts weiter als das Zurückhalten der Farbe. Das ist kein Farbkonzept, sondern nur ein Angsthaben vor der Farbe, es ist ein fehlendes Nachdenken über die Farbe. Es klingt immer so gut, aber es ist nicht wahr. Warum nicht einfach drehen, und die Farben gut wählen? Statt alles zu „Soße“ machen. Warum mit Softfocus-Linsen arbeiten, wenn man es mit echtem Licht auch lösen kann?

Warum finden Sie es wichtig?

Weil ich nicht wie ein „Hammer“ arbeiten will. Auch wenn es so schön subtil klingt, alles in Pastelltönen – es ist ein Hammer. Man hat alles in ein Bad gesteckt, statt nur bestimmte Farben zu nehmen und denen eine bestimmte Bedeutung zu geben.

Ich hasse es beispielweise, wenn Filme, die traurig sein sollen, auch traurig gefilmt werden. Alle sind in blau-grauen Kostümen, und „Oh das ist so schön“ und „Oh das ist eine fantastische Fotografie“ und was haben die über die Farben nachgedacht! Wahrscheinlich haben die gar nicht über die Farben nachgedacht, sondern sich nur gesagt, traurig – traurige Farben, that’s it! Für mich ist es kein Bewusstsein nur alles auf einen Nenner zu bringen und die ganze Zeit schaut alles grau-blau aus. Das ist eine leichte Sache, man wird nicht herausgefordert, man arbeitet einfach nur nach Schema F. Ein Gemälde in Pastellfarben, kann auf einen primitiven Betrachter zärtlich wirken, aber er kann dabei übersehen, wie unsensibel dieses eine spezielle Bild gemacht worden ist. Mit Pastell und Softfocus verschafft man sich ein Alibi von Kunst oder Nachdenken.

Wäre es für Sie besser, es gleich in Schwarz-Weiß zu drehen?

Oder ein anderes Farbkonzept zu machen und sich nicht mit der ersten Idee zufriedengeben. Man fordert auch keinen Kostümbildner, wenn man alles in eine Soße taucht. Man kann ihn dramaturgisch fordern – wie benutzen wir welche Farben, ohne dass es bunt wirkt?

Sie sagten, dass man Softfocus auch mit dem Licht machen kann. Wie würden Sie das ausleuchten?

So meinte ich das nicht. Ich meine Softfocus wird oft benutzt als eine einfache, nicht überlegte Art der Stimmung, als ein billiges Signal: „Jetzt werden wir romantisch.“

Da bei Softfocus alles wie durch eine unscharfe Brille verschwimmt, braucht man auch kein echtes, gutes Licht zu machen. Vieles verwischt, also sieht es viel schneller gut aus. Ich benutze es nicht, es sei denn ich bin gezwungen. Beispielsweise wenn eine Darstellerin in einer Szene superschön aussehen muss und sie aber einen Hautfehler hat, der durch Schminken nicht wegzubekommen ist. Hier greife ich zu technischen Mitteln, um sie nicht zu verunstalten. Aber sonst gehe ich erst ans Licht und dann an die Effekte.

Wie würden Sie so eine Szene ausleuchten?

Wenn Sie sich selber schön fühlt, wird sie meistens so rüberkommen. Es kommt von innen heraus. Gena Rowlands, die Frau von John Cassavetes kann es. Ich kann dann mehr riskieren, ohne den Druck, dass ich Glamour produzieren muss.

Simone Signoret.

Ja, Sie kann schön sein ohne Glamour.

Wie würden Sie die Ausleuchtung machen?

Jedenfalls nicht nur mit flachem Licht oder Softfocus. Das wäre mir zu dick. Aber ich würde auch kein Licht wählen, das störende Fehler in ihrem Gesicht rausbringt.

Inwieweit nehmen die Regisseure Einfluss auf die Lichtgestaltung?

Das ist ganz unterschiedlich.

Gehen wir mal zu ihrem ersten Spielfilm zurück. Wie war die Zusammenarbeit mit Hans W. Geißendörfer? Ich habe in seiner Biografie gelesen, dass er sehr genaue Vorbereitungen beim Licht machte.

Ja, er hat sehr viel technische Vorbereitungen gemacht. Ich habe gleichzeitig mit ihm und mit Wim Wenders gedreht. Es waren für mich total unterschiedliche Erlebnisse, die ihren Reiz für mich hatten. Bei Hans Geißendörfer wusste ich, bei einigen Filmen, von der ersten bis zur letzten Einstellung haargenau alles im Voraus. Sogar die Brennweite und die Höhe des Dekors. Für die Produktion ist das herrlich. Man kann alles richtig vorbereiten, die Dekoration steht, man bleibt innerhalb der Drehzeit und so weiter. Wim sagt da „Help!“ Mit Wim Wenders und mit Jim Jarmusch habe ich eher als mit anderen Regisseuren ein Gespräch vorher. Wir reden über den Film, erstmal ohne technische Fragen, welche Darsteller, die Art des Drehens, welche Einstellungen bestimmt nicht und welche Einstellungen eventuell passen. Wir erarbeiten ein Konzept.

Das war bei Hans Geißendörfer nicht so?

Doch, aber er hatte ein anderes Konzept, das vorher festlag. Die Schwierigkeit dabei ist, dass man – wenn etwas Unerwartetes eintritt – das dann viel schwieriger einfügen kann, weil alle Einstellungen danach wie Dominosteine umfallen. Aber es kann passieren und dann ist man aufgeschmissen und muss schnell etwas Neues, Exaktes finden. Ein anderer Stil ist, langsam ranzugehen, mehr abzutasten, und dann ein Konzept zu entwickeln. Die Art liegt mir mehr. Wenn etwas technisch unmöglich ist und ich habe die Konzeptidee begriffen, dann habe ich sehr viel eher Alternativen anzubieten, die vom Stil und von der Drehart her zum Film passen.

Wäre es für Sie eine Perspektive selbst als Regisseur einen Film zu drehen?

Ich arbeite nicht darauf zu. Es kann passieren – wenn dann würde ich eher in die Richtung „komischer Film“ gehen als in Richtung Drama.

Haben Sie für die Komödie II piccolo diavolo von und mit Roberto Bengini und Walter Matthau ein Comedy Ligthing eingesetzt?

Comedy-Licht ist wesentlich anders. Es geht meistens nicht um dramatisch geschwängerte Atmosphären, sondern ein Komiker hat eine Pantomimik, dass man eher in Totalen dreht. Man hat die Leute oft zusammen in einem Bild, weil es interessant ist, wie sie untereinander reagieren. Down by Law ist ein gutes Beispiel dafür: Man hat die drei Darsteller fast immer zusammen im Bild, weil sie wie ein Ensemble reagieren. Wenn man hier von vornherein plant, Close-ups zu machen, wird man ein Schulmeister. Mach von jemandem, der etwas Witziges sagt, eine Großaufnahme, es wirkt oberlehrerhaft und bevormundend, so nach dem Motto: „Jetzt kommt etwas Witziges.“ Sind alle drei zusammen im Bild, ist es „unverbindlicher“.

In dem Film Down by Law fand ich vom Licht her die Ausbruchsszene besonders interessant. Man sieht die drei, wie sie in einen Tunnel klettern, der von hinten mit einem starken Scheinwerfer beleuchtet wurde. Man sieht die Lichtstrahlen förmlich aus der Tiefe kommen.

Es war ein Schmunzeln dabei, es war natürlich ein dicker Hammer. Es interessierte uns nicht, wie man aus dem Gefängnis ausbricht, das wäre verlorene Zeit. Das Licht war ein Augenzwinkern an Ausbrecherfilme und an The Third Man von Carol Reed.

Das Licht war auch nicht logisch begründet, es muss ein Riesenscheinwerfer gewesen sein.

Jim sagte mir, das ist ein Märchen. Dieser Satz hatte großen Einfluss auf mein Lichtkonzept.

Wie haben Sie das Licht in II piccolo diavolo gemacht?

Da kam es mir auch darauf an, dass man das Zusammenspiel der beiden sieht. Nicht mit dem Finger zeigen, wo die witzigen Punkte liegen. Das stellen die Leute im Kino schon selbst fest. Es ist gerade so witzig, die beiden zusammen zu sehen. Schauen Sie sich Laurel und Hardy an, die sind fast immer zusammen. Sie reagieren als Duo schön miteinander. Es wäre fürchterlich, die witzigen Momente herauszuheben. Das trifft auch für das Licht zu. Man braucht diese atmosphärischen Dinge meistens nicht. Wichtig ist, dass man die Gesichter immer gut sieht.

Haben Sie sich von Jim Jarmusch Stranger than Paradise angeschaut?

Ich kannte ihn schon, auch seinen ersten Film Permanent Vacation hatte ich vorher gesehen.

Haben Sie sich davon anregen lassen?

Es war für mich schwierig, weil ich mich sehr gehemmt gefühlt habe. Der Kameramann, der beide Filme gemacht hat, ist ausgezeichnet, sehr gut und sehr intelligent. Du darfst nicht vergessen, die Filme haben so gut wie nichts gekostet. Ich habe großen Respekt vor ihm. Das war auch eine Frage von mir an Jim, warum nimmst du ihn nicht? Was soll ich machen?

Haben oder hatten Sie Vorbilder?

Ja, Gianni Di Venanzo – er hat 8 ½ gedreht. Damals war der Film eine Offenbarung für mich, wie man bestimmte Atmosphären zeigt, die Hitze, die unglaubliche Einführung von Claudia Cardinale… Dann in Amerika Conrad L. Hall, der Fat City gedreht hat. Ungeheuren Respekt habe ich auch vor Jordan Cronenweth, der Blade Runner drehte. Ich finde, dass bei diesem Film die Fotografie schwer unterschätzt wird. Dann Nostalghia, den Giuseppe Lanci fotografiert hat. Das ist für mich einer der perfektesten Filme, die ich kenne.

Das Interview führte Achim Dunker

Die chinesische Sonne scheint immer von unten

32,00 

Materialien Videos Achim Dunker hat für sein Buch Die chinesische Sonne scheint immer von unten umfangreiches Anschauungsmaterial erarbeitet. Die Verweise finden sich an entsprechender Stelle im Buch. Sie sind mit…

SKU: 9783744511544