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Noch eine Frage bitte, Herr Bauer

27 Jahre lang war Wolf Bauer CEO der UFA. In "Creative Leadership" liefert er Denkanstöße und Inspirationen für gegenwärtige wie künftige Führungskräfte der Kreativwirtschaft und ermutigt gerade auch Kultur- und Geisteswissenschaftler, sich unternehmerische Führung zuzutrauen.

Sie haben Kunstgeschichte und Publizistik studiert. Wie haben Sie es gelernt, ein großes Unternehmen wie die UFA über fast drei Jahrzehnte zu leiten?

Zunächst einmal könnte ich darauf antworten: Ich komme aus einer Unternehmerfamilie und habe deshalb ein „Händchen fürs Geschäft“. Tatsächlich hat sich die unternehmerische Befähigung erst über viele Jahre entwickelt. Es war nicht in meinem Lebensplan vorgesehen, Geschäftsführer oder CEO zu werden. Aber schon meine Entscheidung, als Produzent von Film- und Fernsehprogrammen tätig zu werden, beinhaltete ja die Lust an der Steuerung und Gestaltung größerer Projekte. Wenn Sie als Produzent zusammen mit anderen Kreativpartnern die Vision eines Programms entwerfen, sind Sie am Ende gegenüber den Zuschauern oder Abnehmern auch verpflichtet, Entsprechendes zu liefern. Für diesen komplexen kreativen und ökonomischen Steuerungsprozess braucht man die Fähigkeit, andere Menschen – teilweise große Teams mit einigen hundert Mitstreitern – zu motivieren und zu orchestrieren. Als man mir die gesamte Führung der UFA anvertraute – ein mutiger Schritt des Gesellschafters Bertelsmann – habe ich eine ganze Reihe von Weiterbildungsmöglichkeiten innerhalb der Bertelsmann-Universität genutzt: von ersten Seminaren mit dem schönen Titel „Führen für Geschäftsführer“ bis hin zu maßgeschneiderten Top-Weiterbildungsprogrammen wie zum Beispiel „Mastering New Challenges“ an der Harvard Business School. Vor allem aber war es „Learning by Leading“. Ich habe mich dabei an vielen Vorbildern in der Führung von Unternehmen orientiert und versucht, von den Besten zu lernen. Ganz am Anfang brauchen Sie natürlich zur Bewältigung der administrativen Aufgaben einen guten CFO und ein exzellentes Team.

Welches sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten Fähigkeiten, die man benötigt, um Mitarbeiter in der Kreativwirtschaft zu führen?

Als Erstes müssen Sie andere in gleichem Maße respektieren und schätzen, wie Sie es für sich selbst wünschen. Nur so können Sie die besten Talente zur Erreichung gemeinsamer Ziele um sich versammeln und langfristig binden. Zum Zweiten brauchen Sie als Team und als Unternehmen eine höhere Idee von sich selbst – also eine gemeinsam definierte  Bestimmung der Sinnhaftigkeit Ihres Handelns, die über das Unternehmerische oder Programmliche hinausgeht. Das gemeinsame Handeln sollte der Gesellschaft dienen und in der Wertebildung von Menschen im Sinne einer demokratischen, toleranten und offenen Gesellschaft eine wichtige Rolle spielen. Erst dann spüren Sie die gemeinsame „brennende Energie“ auf dem Weg zum Ziel. Und zum Dritten müssen Sie jedem herausragenden Talent seine Bühne geben. Als Chef müssen sie andere fördern und deren Talent sichtbar machen. Sie müssen dabei auch aushalten, dass Sie selbst nicht im Scheinwerferlicht stehen, sondern Ihr Team.

Sie haben mit der UFA die Daily Soaps im deutschen Fernsehen eingeführt. Was hat Sie zu diesem Schritt inspiriert?

Im deutschen Fernsehen gab es lange das Duopol der öffentlich-rechtlichen Sendergruppen ARD und ZDF. Nach der Zulassung von privatwirtschaftlichen Sendern erfolgte ein echter Paradigmenwechsel. Als ab 1990 die werbefinanzierten Sender genügend Investitionsvolumen aufbrachten, um aufwendige Programme bei Produzenten zu bestellen, entwickelte sich auch eine Öffnung hin zu anderen, populäreren Formaten. In den europäischen Nachbarländern, die wesentlich früher Privatfernsehen eingeführt hatten, beobachtete ich, wie sich diese Programmvielfalt ausdrückte. Einige Vorbilder wie zum Beispiel die täglichen Serien in Holland, die großen Erfolg beim jungen Publikum hatten, fand ich auch für unser Angebot attraktiv. Es kam dann zur Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft mit dem australischen Daily-Drama-Spezialisten Grundy zur Produktion von „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ für RTL. Das war aber erst der Anfang: Grundy UFA produzierte in besten Zeiten bis zu zehn Daily-Drama-Programme und wurde zum Marktführer in Europa. Insgesamt hat sich in dieser Phase durch die Erweiterung des Programmangebots der Markt für Fernsehproduktionen vervielfacht.