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Noch eine Frage bitte, Frau Tröger

Mandy Tröger über ihr Buch "Pressefrühling und Profit. Wie westdeutsche Verlage 1989/1990 den Osten eroberten"

Derzeit wird das 30-jährige Jubiläum des Mauerfalls gefeiert. Sie schlagen in Ihrem Buch eher kritische Töne an …

Ja, die Aufarbeitung der Wendezeit hat noch gar nicht richtig begonnen. Es war eine turbulente Zeit, in der viel gleichzeitig passierte. Mein Buch zeigt, wie schon kurz nach dem Fall der Mauer Politik- und Wirtschaftsinteressen der BRD im DDR-Pressesektor wirkten. Letztlich wich der Kampf um die Demokratisierung der DDR-Presse diesen frühwirkenden Wirtschaftsinteressen aus der BRD. Aus dem Pressefrühling wurde ein Pressesterben. Da bleiben kritische Töne nicht aus.

Welche Reformen wären im ostdeutschen Pressewesen möglich gewesen?

Eine Menge. Im Jahr 1989/1990 galt die Suche vor allem neuen Wegen für eine bessere Presse. Beispielsweise Konzepte der Pressefreiheit, in denen Journalisten für ihre Arbeit Verantwortung übernehmen. Alternative Finanzierungskonzepte, damit Zeitungen weder politisch noch wirtschaftlich abhängig sind. Ein Mediengesetz, das das rechtlich einbettet, oder ein Beirat, der basisdemokratisch über Medien „wacht“. Die Nähe zum Bürger, der aktiv am Kommunikationsprozess teilnimmt. Alles wurde neu definiert und diskutiert. Aktuell werden ähnliche Debatten zur Reform der Medien und des Journalismus geführt. Das hätte man damals schon haben können.

Sie sind in Ost-Berlin aufgewachsen – wie haben Sie selbst die mediale Wende in der DDR erlebt?

Ja, ich bin in Berlin Prenzlauer Berg aufgewachsen. Bei uns fuhren die Panzer am Haus vorbei und meine Mutter nahm uns am 4. November zur Großdemonstration auf den Alexanderplatz mit. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie schnell sich die Ereignisse überschlugen, wie wichtig und widersprüchlich die Berichterstattung war. In Berlin hatten wir ja Zugang zu einer Reihe von Medien. Ich habe damals schon versucht, alles aufzuschreiben und dachte, jemand müsste die Geschichte später erzählen können. Ich schätze, das habe ich jetzt irgendwie gemacht. Jetzt verstehe ich die Mechanismen hinter dem, was wir damals tagtäglich erlebten.