Skip to content Skip to footer

10. Tübinger Mediendozentur: „Die gnadenlose Republik“

Der Leiter des ARD-Hauptstadtstudios Ulrich Deppendorf über das Verhältnis von Journalismus und Politik

Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht neue Affären zum Thema werden, Politiker unter Rechtfertigungsdruck geraten, Rücktrittsforderungen kursieren, Krisen und Skandale die öffentliche Agenda bestimmen. Zahlreiche Journalisten arbeiten heute im Regierungsviertel von Berlin; ein Heer von freien Mitarbeitern sucht nach Neuigkeiten; Atemlosigkeit und Konkurrenzdruck nehmen im Zeitalter der blitzschnellen Informationsübermittlung und der digitalen Überall-Medien weiter zu. Das Wettrennen um die Aufsehen erregende Enthüllung hat, so Ulrich Deppendorf, auf dem Berliner Parkett inzwischen groteske Züge angenommen und droht die grassierende Politikverdrossenheit zu verschärfen.

In seinem Vortrag als Gastredner der 10. Tübinger Mediendozentur an der Universität Tübingen analysiert der Leiter des ARD-Hauptstadtstudios die Bedingungen des Medienhypes in der Hauptstadt. Er zeigt am Beispiel der Affären um Christian Wulff, Rainer Brüderle und Karl-Theodor zu Guttenberg Möglichkeiten und Nachlässigkeiten der Berichterstattung auf und diagnostiziert eine neue Gnadenlosigkeit im Verhältnis von Journalismus und Politik, an der beide Seiten ihren Anteil haben. Deppendorf: „Die Politikberichterstattung ist schneller geworden. Der Konkurrenzdruck hat im Zeitalter des Internet und der Online-Dienste unglaublich zugenommen. Es zählen mittlerweile Sekunden, wenn es darum geht, wer die erste Meldung, wer die erste Einschätzung über ein Ereignis verbreitet. Die zugespitzte Schlagzeile entscheidet über die größte Aufmerksamkeit. Allerdings sind es beileibe nicht nur die Journalisten, die die gnadenlose Republik mitgestalten. Es sind die Politiker selbst, die oft ohne weitere Prüfung, ohne vertiefende Kenntnisse der Sachlage sofort ihre Kommentare in alle möglichen Mikrofone sprechen und sich dem medialen Druck bereitwillig beugen.“

Ulrich Deppendorf spricht am Dienstag, dem 11. Juni 2013, um 18.30 Uhr im Festsaal (Neue Aula, Geschwister-Scholl-Platz) der Universität Tübingen. Der Titel seines Vortrags lautet: „Die gnadenlose Republik – zum Verhältnis von Journalismus und Politik“.

Zum Vortrag Deppendorfs sind auch in diesem Jahr Studierende aller Fakultäten sowie die interessierte Öffentlichkeit eingeladen. Die Veranstaltung wird von Rektor Professor Bernd Engler eröffnet, die Einführung übernimmt der Tübinger Medienwissenschaftler Professor Bernhard Pörksen. Es moderiert der Tübinger SWR-Studioleiter Andreas Narr.

Die Tübinger Mediendozentur wurde 2003 von der Universität und dem SWR per Kooperationsvereinbarung gegründet. Die bisherigen Gastredner waren unter anderem Claus Kleber, Frank Plasberg, Maybrit Illner, Giovanni di Lorenzo, Alice Schwarzer, Frank Schirrmacher und Hans Leyendecker.

Der Vortrag zur 10. Mediendozentur wird zudem am Samstag, dem 15. Juni 2013, um 20.15 Uhr in SWRinfo in voller Länge (45 Minuten) ausgestrahlt und erscheint in einer eigenen Schriftenreihe.