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Die Unabhängigkeit des Journalismus ist in Gefahr

Deutsche Top-Journalisten und ihre Netzwerke in Politik und Wirtschaft. Vortrag von Dr. Uwe Krüger, dem Autor von »Meinungsmacht«

Am 12. September 2013 lud der Herbert von Halem Verlag zu einem Vortrag des Medienwissenschaftlers Dr. Uwe Krüger zum Thema »Unabhängigkeit in Gefahr. Deutsche Top-Journalisten und ihre Netzwerke in Politik und Wirtschaft« in die neuen Verlagsräume in Köln-Mülheim ein. Es war bereits die zweite Veranstaltung dieser Art, die den Austausch zwischen der Wissenschaft und der interessierten Öffentlichkeit fördern sollte.

Das Thema des Abends hat in letzter Zeit an Brisanz und Aktualität gewonnen: Innere und äußere Faktoren behindern die Pressefreiheit auch westlicher Staaten. Zu den inneren Faktoren gehören u.a. Beziehungen und Kontakte der Alpha-Journalisten zur politischen und wirtschaftlichen Elite des Landes. Genau diese Netzwerke hat Dr. Uwe Krüger in seiner Dissertation untersucht, die Anfang 2013 im Herbert von Halem Verlag unter dem Titel Meinungsmacht. Der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und Alpha-Journalisten – eine kritische Netzwerkanalyse erschienen ist.

Nach einer kurzen Einführung und dem Verweis auf das 19. Jahrhundert, als persönliche und geschäftliche Beziehungen zwischen Staatsführung und Medien bereits Einfluss auf die Berichterstattung ausübten, erläuterte Dr. Krüger am Themenkomplex ›Auslandseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan‹ und den in diesem Zusammenhang häufig gebrauchtem »erweiterten Sicherheitsbegriff«, wie konform Journalisten und Regierung auftraten.

Das Thema ›Auslandseinsatz‹ spaltete die deutsche Bevölkerung und Führungselite. Waren die Bürger zeitweise mit rund 70% gegen einen Einsatz deutscher Truppen in Afghanistan, so sprach sich die politische Elite, unter Bezug auf den »erweiterten Sicherheitsbegriff«, fast geschlossen dafür aus.

Dr. Krüger untersuchte die Standpunkte der leitenden Medien und analysierte dafür Artikel vier deutscher Top-Journalisten: Stefan Kornelius (Süddeutsche Zeitung), Klaus-Dieter Frankenberger (FAZ), Michael Stürmer (Die Welt) und Josef Joffe (Die Zeit). Die Ergebnisse führen einerseits vor Augen, dass sich die Positionen der einzelnen Journalisten nur unwesentlich voneinander unterscheiden, andererseits zeigt sich, dass die Linie der USA und der Nato unkritisch übernommen und propagiert wurde.

Netzwerke der Top-Journalisten

Wie kommen solche Ergebnisse zustande? Eine Erklärung, so Dr. Krüger, lässt sich möglicherweise in den persönlichen Netzwerken der Journalisten finden. Laut seiner Untersuchung, in welchen Kontexten Alpha-Journalisten außerhalb ihrer journalistischen Arbeit auf die wirtschaftliche und politische Elite treffen, hat sich herausgestellt, dass die Verbindungen der Journalisten zu politischen und wirtschaftlichen Organisationen zahlreich und teilweise sehr eng sind. So war beispielsweise Frankenberger vollwertiger Teilnehmer der Münchner Sicherheitskonferenz, Mitglied der ›German Group‹ der Trilateralen Kommission und saß im Beirat der Bundesakademie für Sicherheitspolitik. Insgesamt habe er, so Dr. Krüger, erhöhtes Kontaktpotenzial mit über 60 Personen aus der Führungselite gehabt, darunter Karl-Theodor zu Guttenberg oder Frank-Walter Steinmeier. Ähnliche Ergebnisse lieferten Analysen der Netzwerke von Kornelius, Stürmer und Joffe. Insgesamt waren, so Dr. Krüger, 64 leitende Journalisten in 82 Elite-Organisationen involviert.

Zur Einordnung der Daten erläuterte Dr. Krüger, dass es verschiedene »Pressure-Groups« gebe, also Gruppen von Akteuren, die potenziell journalistisches Handeln beeinflussen können: die Rezipienten als größte Gruppe, außerdem die Eigentümer des Mediums, die Werbekunden und die hauptsächlichen Quellen. Je mehr Personen aus diesen »Pressure-Groups« zum Elitenmilieu gehören, desto wahrscheinlicher ist eine Konformität des Mediums mit dem Diskurs der Eliten.

Seine Ergebnisse fasst Dr. Uwe Krüger wie folgt zusammen: Leitmedien reflektieren in der Regel insbesondere die von politischen Führungspersönlichkeiten geführte Debatte und hinterfragen kaum deren Prämissen.

Damit die Presse ihre Kritikfähigkeit bewahren kann, müssen Journalisten unabhängig bleiben. Medienwissenschaftler und Konsumenten sollten die Berichterstattung kritisch hinterfragen und an der öffentlichen Diskussion teilnehmen.

Sich an der Debatte beteiligen, sachlich argumentieren und auch mal Medien abseits des Mainstreams wahrnehmen – wenn das die Forderungen an Medienkonsumenten sind, hat das Publikum an dem Abend alles richtig gemacht! Die Wichtigkeit des Themas bewiesen nicht nur die aufmerksame Verfolgung des Vortrags, sondern auch die rege Beteiligung an der daran anschließenden Diskussion.

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