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Noch eine Frage bitte, Frau Prommer

Elizabeth Prommer über ihr Buch "Ausgeblendet. Frauen im deutschen Film und Fernsehen"

Sie haben in Ihrer Studie Ausgeblendet festgestellt, dass Frauen im deutschen Film und Fernsehen unterrepräsentiert sind. Woran liegt die ungleiche Darstellung der Geschlechter auf Bildschirm und Leinwand?



Das ist keine einfache Frage – wir haben ja nur untersucht, was sichtbar ist, und nicht die Macher*innen befragt. Aber, da die Zahlen sich ja seit den 1990er-Jahren fast nicht verändert haben, scheinen Fernsehmacher*innen der Realität in der Geschlechtergerechtigkeit echt hinterherzuhinken. Es sieht fast so aus, als ob das Fernsehen sich selbst und die Ungleichheit perpetuiert. Es scheint, als ob die Drehbuchautor*innen sowie die Redaktionen das in der Fernsehinformation gezeigte verzerrte Gesellschaftsbild übernehmen, also die rückständigen Darstellungen als vermeintliche Realität widerspiegeln. Dies trägt zu einer weiteren Verzerrung in der Fiktion bei und führt außerdem zu einer unzureichend vielfältigen Repräsentation einer im Jahr 2019 viel diverseren Gesellschaft. Man kann fast behaupten, das Fernsehen hält die Geschlechtergerechtigkeit eher auf, als dass es sie befördert.

Auch im Kinderfernsehen spiegeln die Figuren nicht die gesellschaftliche Wirklichkeit wider. Was haben Sie hier herausgefunden?



Hier sehen wir eine noch größere Unausgewogenheit: Auf eine weibliche Kinderfigur kommen gleich drei männliche. Das heißt, die Geschichten werden zu drei Viertel aus einer Jungenperspektive erzählt. Außerdem sind bei den gezeichneten Figuren die weiblichen Kinderfiguren stark sexualisiert dargestellt. Eine extreme Sanduhrfigur, wie sie im echten Leben anatomisch nicht möglich ist, finden wir bei der Hälfte der weiblichen Figuren. Männliche Körper sehen dahingegen weitaus natürlicher aus und haben auch fülligere Formen. Was Mädchen im Kinderfernsehen sehen, ist sehr eingeschränkt in der Vielfalt und den Möglichkeiten.

Was müsste sich ändern, damit Frauen in Film und Fernsehen gleichberechtigt dargestellt werden?



Wir haben festgestellt, dass je mehr Frauen „hinter“ der Kamera verantwortlich sind – also die Funktionen Redaktion, Regie, Produktion oder Drehbuch in weiblicher Hand sind – wir dann auch mehr Frauen auf dem Bildschirm oder der Leinwand sehen. Das bedeutet, wir brauchen dringend Maßnahmen, um Frauen in diese Funktionen zu bringen. Wichtig ist auch: Frauen müssen allein verantwortlich sein. Ein gemischtgeschlechtliches Redaktionsteam verhält sich nämlich eher männlich. Zu begrüßen sind alle Maßnahmen, die den Frauenanteil hinter der Kamera erhöhen. Und natürlich Expert*innendatenbanken für die Informationssendungen im Fernsehen.