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Den virtuellen Globus hacken

Uta Kopp und Achim Mohné sprachen bei den Kölner Mediengesprächen über Hintergründe und Details zur REMOTEWORDS-Publikation 'Orbitale Irritationen'.

Vor 10 Jahren riefen Uta Kopp und Achim Mohné, inspiriert durch ihre erste Begegnung mit der damals noch jungen Google Earth-Software, das Kunstprojekt REMOTEWORDS ins Leben. Ihre Idee: Den von Google mittels Luftaufnahmen erstellten ‘virtuellen Globus’ zum Medium der eigenen Kunst zu machen. Seither platziert REMOTEWORDS in Zusammenarbeit mit zahlreichen Künstlern und Autoren Botschaften auf verschiedenen Dächern, deren virtuelle Abbilder mit dem nächsten Update von Google Earth auch online angesehen werden können. Zum zehnjährigen Jubiläum des Projekts erschien im Herbert von Halem Verlag die Publikation Orbitale Irritationen als zweiter Band der Reihe edition KHM.

“IN ART WE TRUST” ist aus der Vogelperspektive auf dem Dach des Fuhrwerkswaage Kunstraums in Köln zu lesen. Dieses positive Statement war die erste Botschaft, die REMOTEWORDS jemals dem virtuellen Globus von Google Earth einprägte. Im Laufe der Jahre folgten zahlreiche weitere Botschaften, die  teils Google Earth als Medium, teils auch den Ort, an dem Sie platziert wurden, referieren. Der Schriftzug “CLICK HERE>” auf dem Kunstimuuseum in der estnischen Hauptstadt Tallin verweist darauf, dass Estland als erstes Land überhaupt seinen Bürgern den Zugang zum Internet in seiner Verfassung garantiert. Die zusammen mit Klaus Staeck entwickelte Botschaft “OFF LIMITS FOR GOOGLE” auf dem Dach der Akademie der Künste in Berlin wendet sich gegen eben jenes Medium, dessen sie sich selbst bedient. Diese und weitere Botschaften von REMOTEWORDS haben Eingang in das Buch Orbitale Irritationen gefunden. Aber nicht nur das: Zahlreiche Autoren, die bereits mit REMOTEWORDS zusammengearbeitet haben, haben Essays rund um das Kunstprojekt und die sich aus ihm ergebenden Implikationen verfasst: Sabine Fabo richtet sich in ihrem Essay “gegen den Informierten Himmel” und setzt unter anderem den tragisch gescheiterten Himmelsstürmer Icarus zu dem Überschallflugzeug Concorde in Bezug. Clemens Krümmel vergleicht die REMOTEWORDS-Botschaften mit den Geheimbotschaften, die Gefängnisinsassen in die Außenwelt schmuggeln – sogenannten ‘Kassibern’ –, und Hans Ulrich Reck reflektiert inspiriert von REMOTEWORDS über das Konzept der Autorschaft in Zeiten zunehmender Digitalisierung.

Dabei ist nicht nur der Inhalt des Buches in Bild und Text beachtenswert, sondern auch seine Gestaltung: In Anlehnung an Google Earth wurde für das Cover des Buches eine Darstellung zweier Finger gewählt, die über einer Weltkugel die typische ‘Zoom-Geste’ vollführen, mit der man auf den Touchscreens der Handys und Tablets den Bildschirminhalt vergrößert. Aber hier endet der Bezug zum Medium nicht: Das Material des Covers ist ein leicht glänzendes, strukturiertes Papier, auf dem man jeden Fingerabdruck leicht erkennen kann. Eine unkluge Wahl des Materials? Nein. Denn auch dieser Umstand ist ein Bezug zu den Touchscreens, die in der Regel ja ebenfalls über und über mit den Fingerabdrücken ihrer Nutzer bedeckt sind. Der Schriftzug des Covers lehnt sich an die Pixel-Schriftarten früher Computer an. Eine vergleichbare Schrift wird auch für die REMOTEWORDS-Botschaften selbst verwendet.

Im Anschluss an ihren gemeinsamen Vortrag zum Buch sprachen Uta Kopp und Achim Mohné mit Herbert von Halem unter anderem über Ursprünge und Geschichte von REMOTEWORDS, besondere Meilensteine, denkwürdige Botschaften, die noch heute bei Google Earth zu sehen sind, das Verhältnis von REMOTEWORDS zum Google-Konzern und künftige Vorhaben.
Nachdem das Publikum im Anschluss Gelegenheit hatte, Fragen zu stellen, klang der Abend in der inzwischen traditionellen Weise bei Wein und Käse und angeregten Gesprächen aus.