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Die Jagd auf Gao Qianhui und die Entstehung eines Cybermobs
“Am 12. Mai des Jahres 2008 ereignet sich in der südwestchinesischen Provinz Sichuan eine dramatische Naturkatastrophe. Bei einem Erdbeben der Stärke 7,9 auf der Richterskala kommen mehr als 69.000 Menschen ums Leben, rund 375.000 werden verletzt. Die chinesische Nation ist schockiert von dem Ereignis und eine Woche später ordnet die Regierung Staatstrauer an. Drei Tage lang soll der Opfer des Erdbebens gedacht werden; drei Tage lang wehen im ganzen Land die Flaggen auf Halbmast; drei Tage lang schließt man Diskotheken und Karaoke-Bars, unterbricht selbst den olympischen Fackellauf. Auch große Webportale machen in den chinesischen Trauerfarben auf, Spiele- und andere Unterhaltungsseiten sind gesperrt.
Es ist die staatliche Reaktion auf die Katastrophe, die dazu führt, dass ein Lieblings-Online-Spiel der 21 Jahre alten Chinesin Gao Qianhui aus Shenyang, Hauptstadt der Provinz Liaoning im Nordosten Chinas, nicht verfügbar ist. So sitzt sie denn in einem Computerraum – es könnte ein Internetcafé sein – und ist einfach nur wütend. Wütend nicht etwa auf die Regierung, die das Spielverbot verhängt hat, sondern auf die Opfer des Erdbebens, die ihrer Auffassung nach an der Netz-Sperre schuld sind. Um ihrem Ärger Luft zu machen, schaltet sie die Webcam ihres Computers an und filmt sich selbst – und leistet sich für ein paar Minuten einen gedankenlosen Ausbruch. Es ist ein sogenannter Rant, eine maßlose Wut- und Hassrede, die ihren Ruf dauerhaft zerstören und schon kurze Zeit später zu ihrer Festnahme durch die chinesische Polizei führen wird.” (Der entfesselte Skandal, S. 111).
