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Das Spannungsfeld zwischen Journalismus und PR

Rückblick auf den Vortrag "’Pressing’ außerhalb des Platzes" von Christoph G. Grimmer

Die Fußball-Bundesliga startet aktuell in die 53. Spielzeit seit ihrer Gründung 1962. Die wichtigen Fragen nach dem nächsten Deutschen Meister, den Absteigern und welche Vereine sich auch in der Saison darauf wieder auf internationale Gegner freuen dürfen, können erst in den kommenden neun Monaten in insgesamt 306 Spielen beantwortet werden. Eines aber wird bereits vor dem Saisonstart feststehen: Wir als Konsumenten werden jeden Tag rund um die Uhr die Möglichkeit haben, uns in verschiedenen Medien über die neuesten Nachrichten, Meinungen und Spekulationen aus der großen Bundesliga-Familie zu informieren.

Die Hauptprotagonisten in dieser großen Pressemaschinerie sind die Journalisten und die Pressesprecher der Bundesliga-Vereine. Diese beiden Professionen befinden sich permanent in einem Spannungsfeld, da sie einerseits als Konkurrenten für sich den Anspruch erheben, die Art und den Umfang des Veröffentlichten bestimmen zu können. Andererseits ergeben sich trotz der unterschiedlichen Arbeitsaufträge aber auch Symbiosen, da sich beide Seiten bezüglich der Generierung und Verbreitung von Informationen gegenseitig benötigen.

Dieses spannende Geflecht nahm Dr. Christoph G. Grimmer, Lehrkraft für den Arbeitsbereich Sportökonomik, Sportmanagement und Sportpublizistik am Institut für Sportwissenschaft der Eberhard Karls Universität Tübingen, im Rahmen seiner Promotionsarbeit aus wissenschaftlicher Sicht näher unter die Lupe. Die Ergebnisse dieser Studie veröffentlichte Grimmer 2014 im Herbert von Halem Verlag und stellte sie am vergangenen Donnerstag bei einer Vortragsveranstaltung im Verlag vor.

Der Autor beleuchtete dabei einführend die Relevanz des Fußballs in ökonomischer, medialer, gesellschaftlicher und politischer Hinsicht. Wirtschaftlich gesehen erzeugte das Produkt »Fußball-Bundesliga« in den vergangenen zehn Jahren durchweg neue Umsatzrekorde, in der Saison 2013/2014 beispielsweise 2,45 Mrd. €. Seit Ende der 1980er-Jahre stiegen die durchschnittlichen Zuschauerzahlen pro Spiel Jahr für Jahr beinahe ununterbrochen an.

Diese Zuwächse lassen sich quantitativ auch problemlos übertragen auf das allgemeine Interesse am Handeln und Wirken der Vereine. Damit verknüpft rücken auch die Entscheidungsträger der Clubs, die Trainer sowie die Spieler, die jeder für sich als „Unternehmer“ um den eigenen ideellen und finanziellen Marktwert kämpfen, immer mehr in den Fokus. Für die Medien besteht das Hauptanliegen darin, der Öffentlichkeit mit brandaktuellen und spektakulären Neuigkeiten ein Gefühl der direkten Teilhabe am Geschehen, ein »Mittendrin statt nur dabei«, zu vermitteln. Die Vertreter der Vereine hingegen sind, vor allem auch aufgrund der Verbindung mit finanzkräftigen Sponsoren im Hintergrund, mehr an einem positiven Erscheinungsbild nach außen interessiert. Aus diesem Kontext heraus wird auch das Bemühen der Vereine deutlich, die Herausgabe von Informationen in die breite Öffentlichkeit entsprechend zu sondieren und zu lenken.

So ist vor allem ein Ergebnis aus der Studie von Dr. Grimmer nicht verwunderlich. Die Journalisten bewerten diese Regulierung als Zensur. Dennoch schätzen die Pressesprecher die Vertreter der schreibenden Zunft als wichtigste Kooperationspartner ein, noch vor allen anderen Medien wie Fernsehen oder Rundfunk. Es wird dabei vor allem die Bedeutung einer persönlichen und vertrauensvollen Zusammenarbeit herausgestellt. Geschriebenes lässt sich wohl auch vor der Veröffentlichung leichter einer Autorisierung durch den Verein unterziehen.

Zukünftig wird sich die Pressearbeit der Vereine wohl vermehrt zur Selbstvermarktung hin entwickeln. So werden immer mehr Informationen über Social Media, eigene TV-Produktionen und Homepages verbreitet. Auch die Medien reagieren ihrerseits mit eigenen neuen Nachrichtensendern und Diskussionsformaten, um im Ringen um die Meinungshoheit nicht auf die Verliererstraße zu geraten.

In einer angeregten Diskussion mit dem Publikum wurde der Umgang der Pressesprecher mit schwierigen Themen und möglichen Skandalen näher beleuchtet. Anhand einiger Beispiele aus der Vergangenheit wurden die Vorgehensweisen im Sinne der Regulierung und Lenkung kritisch bewertet. Als exemplarisch hierfür griff die Runde einen Vorgang aus der jüngeren Vergangenheit des Marktführers FC Bayern München auf. Der geschätzte Vereinsarzt Dr. Müller-Wohlfahrt gibt nach beinahe 40 Jahren auf dieser Position von heute auf morgen seine Demission bekannt. Nachfragen seitens der Berichterstatter nach einer von außen als schwierig eingeschätzten Arbeitsbeziehung zwischen dem Vereinsurgestein und dem neuen Trainer Pep Guardiola als mögliche Ursache für die Kündigung wurden durch den Pressesprecher Markus Hörwick sofort und rigoros abgeblockt. Es wurde den Medienvertretern nachfolgend nur noch erlaubt, Fragen über das anstehende Tagesgeschäft zu stellen.

So wird es wohl für Journalisten auch in der Zukunft immer schwieriger werden, einen investigativen Ansatz pflegen zu können. Es scheint wohl auch für diese Gruppe der Weg über die neuen Medien, sei es on- oder offline, der richtige zu sein, um wieder mehr Authentizität und Direktheit in das Geschäft zu bringen.